Im Zusammenhang mit Communities und Social Networks wird ja immer wieder von sogenannten Netzwerkeffekten gesprochen. Dahinter steckt die Vorstellung, die Nutzer seien mit zunehmender Mitgliederzahl immer weniger wechselbereit. Stimmt das auch?
Netzwerkeffekte sind das Hauptargument, auf den sich die Spekulationen der Investoren – wie etwa im Falle XING/OpenBC – richten. Sollte dieser Netzwerkeffekt nicht so stark ausgeprägt sein, wären auch die sog. Lock-In-Effekte und damit auch der Wert der entsprechenden Plattform geringer.
Ich habe mir daraufhin einmal die Singlebörsen angeschaut. Im Falle eines extrem starken Netzwerkeffektes und damit eines Lock-In-Effekts wäre die Wechselbereitschaft der Nutzer von einer zur anderen Plattform gleich Null. Dahinter steht die Überlegung, daß der Nutzen einer Mitgliedschaft mit steigender Zahl potentieller Flirtpartner (und damit der Größer der Plattform) immer weiter zunimmt.
Um diese Behauptung zu überprüfen, schauen wir uns einmal die an:
- Friendscout24: über 2,7 Mio und 5,4 Mio ()
- DatingCafé: über 0,7 Mio ()
- ilove: ca. 2 Mio., über
- meetic.de: über 1 Mio. in Europa,
- flirt-fever.de: ca. 1,5 Mio in 2004 ()
- freenet Singles:
- match.com:
- neu.de: wirbt mit „Wir sind 5 Millionen!“, SV schätzt die Zahl auf 4 Mio. registrierte und
Wie sehen sähen die summierten Zahlen für ganz Deutschland aus, wenn die Nutzer wirkich in ihren Netzen „gefangen“ wären? In diesem Fall würde man einfach die Zahlen addieren.
Geht man von den unteren Schätzwerten aus, kommt man in der Summe auf 11,1 Mio. Mitglieder. Nimmt man die optimistischen Werte eregeben sich 22,45 Mio.
Dazu kommen die Partnervermittlungen, laut sind folgende Zahlen anzunehmen:
- parship.de: 2,1 Mio.
- elitepartner.de: 0,5 Mio.
- be2: 1,8 Mio.
- DZF (Der zweite Frühling): 0,225 Mio
- Lovepoint: 140.000
Interessant fand ich auch die Zahlen für die Seitensprung-Agenturen. So soll allein die Fremdgeher-Börse meet2cheat 110.000 deutsche Mitglieder haben. Mein Gott!
Fazit: Lock-In-Effekte nicht selbstverständlich
Allein bei den oben betrachteten Plattformen käme man auf zwischen 15,9 und 27,2 Mio. Kontaktsuchenden in Deutschland. Das sind irre hohe Zahlen, die ich einfach so nicht glauben würde (Buchempfehlung für Interessierte: ). Die Zahlen lassen folgende vorsichtige Vermutungen zu:
- die Zahlen sind geschönt,
- viele Nutzer sind Mehrfach-Mitglieder,
- die Wechselbereitschaft in Singlebörsen ist höher als angenommen,
- die Netzwerkeffekte sind eher niedrig
Welches der vier Argumente auch zutrifft: sollten die angenommenen Netzwerkeffekte überzogen sein oder im Laufe der Zeit abflauen, so wären die meisten Plattformen deutlich überbewertet.
Die Beispiele überschätzter Lock-In-Effekte sind zahlreich:
- Netscape-Browser
- Altavista-Suchmaschine
- diverse Internet-Marktplätze
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Unterliegen Communities einem Lebenszyklus?
Die Faszination vieler Unternehmer und Investoren an den Communities beruht oft gerade auf der Idealannahme, dass die zentripetalen Kräfte, die Kunden schon im Netz halten würden und man daher mit vergleichsweise wenig Aufwand immer neue Geschäfte anbahnen könnte.
Meine Überlegungen zerstören dieses Bild oder zeigen zumindest, daß das Bild zu einfach sein könnte. Das man bei Communities nicht unkritisch an ewig weilende Lock-In-Effekte glauben sollte, zeigt auch eine ganz andere Entwicklung, die den Singlebörsen schwer zusetzen könnte.
Im Zuge neuer Selbstdarstellungsplattformen wie StudiVZ u.a. steht das Flirten zwar nicht im Vordergrund, wird aber unverhohlen getan. Der Nutzer muß sich dabei nicht wie in den Flirtbörsen als einsamer Single outen und muß daher nicht damit rechnen, sein Gesicht zu verlieren. Die neuen Social Networks sind nicht mehr anonym und somit ernsthafter als ihre Vorgänger. Vielleicht verdrängen Social Networks ja die Singlebörsen oder führen Sie zurück in die Nischenexistenz der Heiratsannoncen.
Damit wäre dann gezeigt, daß auch Communities und Social Networks Lebenszyklen unterliegen. By utilizing this technology you can see exactly what your child www.trackingapps.org/number-to-call-to-see-if-cell-phone-is-tapped/ is doing on their phone, including their facebook messages and all other social media, text messages and calls going in and out of their phone
*räusper* Ähm, also nach meinen Erfahrungen (und die meiner Freundinnen;) sind sehr viele Singlebörsen-Nutzer bei mehreren Singlebörsen registriert. Mails wie „Ach, du auch hier“ sind da keine Seltenheit.
Die Nutzung einer solchen Börse hört in dem Moment auf, in dem man einen Partner findet, danach muss man sein Profil löschen oder es gibt Stress in der Beziehung. 😉
Eine weitere Art der Nutzung ist, zur nächsten Single-Börse zu wechseln, sobald man alle Profile einmal durchgeklickt und die interessanten „getestet“ hat.
Der Aufbau eines Netzwerkes ist dort eher unterrepräsentiert. Der Kontakt läuft eher nach dem Modell „Ja? Nein? Nächster!“ ab. Eine große Buddyliste wird eher als negativ angesehen (der/die schreibt ja mit jedem).
Also meiner Meinung nach funktionieren Singlebörsen anders als andere Social Networks, auch wenn diese natürlich auch für Dating genutzt werden.
Ach ja, die Wechselbereitschaft in Singlebörsen steigt ganz klar mit der Anzahl der Anfragen nach gebrauchten Nylonstrümpfen, der Angebote die Stiefel abgeschleckt zu bekommen, oder am selben Abend noch 300 Euro verdienen zu können. 😉
[…] Eine interessante Betrachtung, die ich gestern hier gefunden habe, möchte ich noch aufgreifen. Nämlich ob es bei Communities Lebenszyklen gibt, d.h. ob die User irgendwann zur nächsten Community weiterziehen. […]
Ein sehr interessanter Beitrag, der mich dazu gebracht hat etwas mehr über das Thema nachzudenken. Ich habe gestern abend einen Beitrag auf meinem Blog zum Thema XING / LinkedIn geschrieben. Dort habe ich auch dann auch das Thema Wechselbereitschaft etwas mehr unter die Lupe genommen. Kurz zusammengefasst: Die Wechselbereitschaft bei Singlebörsen ist deutlich größer, da es weniger darum geht sich sein Netzwerk aufzubauen und zu pflegen, sondern immer wieder neue Leute kennenzulernen. Wie paulinepauline richtig schreibt ist ein großes Netzwerk in einer Singlebörse eher kontraproduktiv, da der Eindruck entsteht, das Mitglied tanzt auf vielen Hochzeiten.
Jetzt hatte ich zu schnell auf Senden geklickt. In Social Networks wie XING ist die Wechselbereitschaft allerdings nicht so groß, denn der Nutzer hat viel Arbeit in den Aufbau des Netzwerks investiert. Ich habe bei XING derzeit 441 Kontakte. Wenn ich für jeden Kontakt nur 5 Minuten Zeit aufgewandt habe, so habe ich bereits eine ganze Arbeitswoche in den Aufbau des Netzwerkes investiert. Meine Wechselbereitschaft ist deshalb sehr gering.
[…] Besonders die ökonomischen Grundlagen des vermeintlichen Erfolges werden oft überstrapaziert: besonders Netzwerk- und Lock-in-Effekte exisiteren bei leicht substituierbaren Diensten wie z.B. Singlebörsen gar nicht oder werden total überschätzt. Das belegt jedenfalls ein Artikel von Thomas Vehmeier. […]
Was bei den Singlebörsen allerdings auch noch reinspielt: Männer müssen meistens für die Nutzung zahlen. Da siehts mit der Wechselbereitschaft oder auch mit der Mehrfachnutzung gleich wieder ganz anders aus.
Bei normalen Social Networks, also nicht Business oder Singlebörse ist die Sache mit der Wechselbereitschaft aus meiner Erfahrung heraus sehr schwer zu greifen. Sie hängt an unglaublich vielen Faktoren wie der Nutzen, der durch die Community entsteht, Aktivität der Kontakte, Veränderungen in der Struktur der Nutzerschaft, Größe der Community, Interneterfahrung der einzelnen User etc.
Das sind eine Menge sehr substantielle Kommentare … Ich werde also etwas strukturiert antworten:
Zu Netzwerkeffekten
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Der Netzwerkeffekt ist schon auch in bei Singlebörsen aktiv. Je mehr Mitglieder, desto höher die Chance, einen Flirtpartner zu finden, der gefällt. PaulinePauline hat hier richtig bemerkt, dass sich die einzelnen Communities im Netzwerkeffekt unterscheiden. Jens Kunath hat mit seinem XING/LinedIn-Beispiel gezeigt, dass bei XING ein Lock-In-Effekt da zu sein scheint. Danke PaulinePauline.
Zur Signalwirkung von Kontakten
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Ich habe offensichtlich nur 185 Kontakte in XING, aber was sagt das schon aus? Meine besten Businesskontakte haben viel weniger Kontakte, da sie nicht permanent auf XING herumturnen. Sie haben andere Netzwerke… sind aber dennoch dort gelistet.
Dann gibt es die Kontaktsammler oder besser „Kontaktspammer“, die in meine Liste aufgenommen werden wollen, wenn ich Ihr Profil interessant finde. Viele dürften Ihr Profil derart „tunen“.
Zum Lebenszyklus
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Gut auch die Feststellung, dass die Nutzung in Singlebörsen abrupt aufhört, wenn man einen Partner gefunden hat. Genau in diese Richtung wollte ich. Es gibt Lebenszyklen… Aber sehen das die Betreiber in ausreichendem Maße? Ist das nicht ein Manko im Geschäftsmodell dieser Firmen? Was könnte man diesen Kunden anbieten, wenn sie den Produklebenszyklus der Singlebörse durchlaufen haben
Schlimm, wenn der Plattformbetreiber nicht einmal merkt, dass der Zyklus durchlaufen ist, weil die nicht mehr aktiven Mitglieder als Karteileichen im Bestand bleiben… Im Normalfall dürfte daher eine Singlebörse auch bei abnehmender Nutzung noch über steigende Mitgliederzahlen berichten.
Provoziert zu meinem Artikel hat mich übrigens der Werbeslogan „Wir sind 5 Millionen“ von neu.de, gesehen auf einer Stroer-Werbefläche in Köln.
Wann kippt eigentlich die Reputation durch zu viele Kontakte auf Xing? Ich hab grad den Fall erlebt, dass Jemand über eine Person bei Xing sagte „der hat kein Gesicht (Foto) und keine Freunde“. Man erwartet mittlerweile schon, dass jemand, der einen gewissen beruflichen Status erreicht hat, bei Xing registriert ist und ein gewisses Netzwerk aufgebaut hat.
Andererseits, wie du auch geschrieben hast, signalisieren zu viele Kontakte bei manchen auch schon wieder Negatives. „Die Person ist ein Kontaktesammler, will sich künstlich Reputation erzeugen etc.“
Aber was soll man denn machen? Ich bin jetzt seit fast 3 Jahren bei Xing registriert und hab 204 Kontakte. Es sammeln sich über die Zeit hin halt einfach ne Menge Leute an. Soll man ältere, nicht „genutzte“ Kontakte löschen? Das erzeugt auch gerne mal böses Blut, da sowas schon fast einer „Kündigung der Freundschaft / Bekanntschaft“ gleichkommt. (Vielleicht nutze ich Xing aber auch zu sehr privat;)
Den Effekt „zu viele Buddies“ gibts auch in anderen Social Networks, die auch ähnlich sind zu dem Kontakte-Problem bei Singlebörsen. Hier wirken zu viele Kontakte auch auf manche abschreckend („zu umtriebig“ oder „Mädel für alle“). Dann gibt’s aber auch wieder andere, die das positiv sehen „Wow kennst du viele Leute, du musst ja total beliebt sein.“
In Nicht-Business-SN wird das Löschen eines Kontaktes übrigens tatsächlich als Kündigung der Freundschaft angesehen und zieht meist böse Diskussionen mit sich.
Hm, eigentlich auch wieder ein Thema für sich. 😉
Im Grunde schlimm, wenn man im Beruflichen danach beurteilt würde, ob man Freunde hat (die bei XING sind) oder nicht.
Kontakte löschen ist unfreundlich. Auch beruflich macht man so etwas wirklich nicht. Man trifft sich immer zweimal im Leben und nur weil ein Kontakt momentan nicht nützlich ist, sollte man deshalb eine andere Person nicht brüskieren. Ich denke, da ist Respekt gefragt. Ich wurde zum Glück auch noch nicht gelöscht. Das fühlt sich bestimmt nicht gut an.
Übrigens halte ich es in der Freundschaft wie im Beruf. Man muß so weit es geht authentisch sein. Ich würde nicht jemanden auf der beruflichen Seite wissen lassen, dass er mir nur nützlich ist. Man verpasst ja auch etwas, wenn man sich überhaupt nicht auf jemanden einläßt. Franzosen reden beim Geschäftsessen immer über rein private oder kulturelle Dinge. Erst beim Nachtisch kann man auf das Geschäft zu sprechen kommen. Darin steckt die Achtung vor dem anderen Menschen, der auch etwas wert ist, wenn es zu keinem Abschluß kommt. Zurück zu den Netzwerken: ich persönlich würde keinen Unterschied machen wollen.
Der größte Netzwerkeffekt ist doch das Leben. Freunde, Familie, Wertschätzung. Um so mehr man gibt, desto mehr bekommt man auch! Ökonomisch ausgedrückt: umso öfter man etwas in das Netz investiert, desto mehr hat man davon.
Plattformen wie XING oder StudiVZ sind in vielerlei Hinsicht auch subtile Flirt- und Seitensprung-Foren, machen wir uns da nichts vor. Den 110.000 Nutzern, die es auf meet2cheat zugeben unterstelle ich schlicht Pragmatismus und Ehrlichkeit in den Motiven.
Bei XING sehe ich eine ähnliche Gefahr wie in der Selbstbeweihräucherung der Blogosphäre. Da wie dort erliegt man einem Trugschluß, wenn man nicht den Faktor Selbst-Referenzierung herausrechnet.
Im gleichen Maße wie ich Referenzen von anderen Sites gewinne, verliere ich sie auch wieder an diese Sites. Zeit für Recherche ist begrenzt.
Das Löschen von lange erkalteten Kontakten sehe ich nicht als Affront, sondern als kritische Selbstprüfung. Natürlich bringt man sich potentiell auch um die Wiederaufnahme von Geschäftsbeziehungen, wenn man den entsprechenden Menschen nicht mehr in der Liste vorhält.
In diesem Zusammenhang „beleidigt“ zu sein, ist allerdings unangebracht und hat den Geruch von einschlägigen Freizeit-Plattformen [„Buhuhuu. ;-( warum hast Du mich aus Deiner Buddyliste gelöscht…?]
Für Erfahrungsaustausch in Sachen Lancierung von Social-Network-Projekten nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf: o.g. Benutzername [at] gmx.de
[…] Siehe auch: Erster MySpace Test (Robert Basic) Soziale Networks für Nischen (Jens Kunath) Die social antisocial Mediation (Patrick Breitenbach) Hund begraben. (Peter Turi) Unterliegen Communities Lebenszyklen (Thomas Vehmeier) Marc Canter über soziale Netzwerke (Mario Sixtus) […]
[…] Wer möchte kann sich folgenden Beitrag von mir zum Thema durchlesen: “Überschätzte Lock-In-Effekte: unterliegen Communites Lebenszyklen?” […]
[…] Ich hatte jedoch schon mehrfach darauf hingedeutet, dass von Netzwerkeffekten viel zu schnell auf Lock-In-Situationen geschlossen werde (vgl. hierzu meinen Beitrag “Überschätzte Lock-In-Effekte: unterliegen Communites Lebenszyklen?”). Alle Theorien über Netzwerkeffekte vernachlässigen die Doppelnutzung, die im Falle des Internet oftmals relativ problemlos möglich ist. […]